Jetzt spielts Grenadinen

Palmenstrand, Kokosnüsse, Schildkröten

Posted by andy on Thursday, February 29, 2024

2. bis 19. Jänner

Wir akklimatisieren uns langsam und gewöhnen uns wieder daran, die Nächte durchschlafen zu können. Die große Ankerbucht von Bequia bietet uns alles, was wir brauchen, um angenehm in der Karibik anzukommen. Schöne Schnorchelspots, ein nettes Städtchen mit einem halbwegs gut ausgestatteten Supermarkt, Obst- und Fruchtstände, die heiss erwarteten Trinkkokosnüsse und eine schwimmende Cocktailbar. Etwas erstaunt sind wir darüber, wieviel es hier doch noch regnet. Unsere Anfahrt zwischen Barbados und hier war ja schon von etlichen Squalls begleitet und so geht es hier auch weiter. Immer wieder jagen Regenschauer mit Wind durch die Bucht, obwohl die Trockenzeit hier eigentlich schon begonnen hat. Eine kleine Schrecksekunde jagt uns so ein Squall ein, als wir uns direkt am Tag nach Ankunft gerade ein Abendessen an Land gönnen wollen und die Crew am Nachbartisch plötzlich panisch aufspringt. “We are dragging!!!”, und schon starten sie in Richtung Beiboot um ihr Boot zu retten, bei welchem wohl gerade der Anker eine Furche in den Meeresboden zieht. Wir können unser Essen nicht wirklich genießen und beeilen uns, um möglichst schnell zum Boot zurückzukehren. Just in diesem Moment hat unser treuer alter Außenborder nicht mehr so wirklich Lust seine einzige Aufgabe zu erfüllen. Mit halb offenem Choke schiebt er uns dann widerwillig zur Firefly. Uff. Der Anker hat im nicht sonderlich tollen harten Korallensand gehalten. Mahlzeit.

Nachdem der Aussenborder auf Lecks in der Benzinleitung und sonstige Probleme untersucht wurde und wir nichts finden können, stellt sich letztlich heraus, dass wohl der Benzin in unseren Kanistern einfach schon zu alt war. Mit frischem Benz tuckert unser alter Zweitakter bald wieder wacker dahin.

Kurz treffen wir hier auch noch die Ocean Twins wieder, mit denen wir uns auf den Kap Verden angefreundet haben. Das freut besonders Kira, die sich mit den beiden Zwillingen Vitus und Vevi hervorragend versteht.

Nach einigen Tagen sind wir endlich bereit die Karibik zu erkunden und wir starten Richtung Süden. Bei einem kurzen Ankerstopp auf der Insel Canouan, bei dem uns die Böen abwechselnd aus fast 180 Grad unterschiedlichen Richtungen um die Ohren fliegen, sehen wir unsere ersten Rochen und einige bunte Fische. Die Bucht lädt aber nicht wirklich zum Verweilen ein. Die handvoll Boote, die hier auf fragwürdigem Grund ankern können, liegen regelmäßig Heck an Heck zueinander und schwojen immmer wieder gefährlich nahe aneinander heran. Wir ziehen bald weiter zu einem der Highlights in den Grenadinen, den Tobago Cays.

Es ist hier Hochsaison und wir erwarten eine prackevolle Anchorage mit millionen Ausflugsbooten. Tatsächlich aber ist es gar nicht so schlimm. Wir nehmen uns eine Boje im Lee einer der vier Inseln und staunen nicht schlecht, als gleich mal eine riesige Schildkröte neben der Firefly zum Luft holen auftaucht. Schnorchel drauf, Flossen an, und schon schwimmen wir mit den Suppenschildkröten im türkisen Wasser herum. Sie sind hier wohl die Menschen schon gewohnt und lassen uns ganz nah an sie heran. Ein unglaubliches Gefühl. Um die paar Inseln herum liegt hier ein hufeisenförmiges Riff, welches die Ankerplätze vor dem Atlantik-Schwell schützt. Wir fahren mit dem Beiboot zum Riff hinaus und schnorcheln etwas rum. Wie in so vielen Riffen sind nur noch wenige bunte Korallen, Anemonen und sonstige Rifflebewesen zu finden. Bunte Rifffische aller Art sind aber zuhauf zu sehen. Die Strömung am Riff draussen ist ganz ordentlich, wir fahren also bald wieder zurück und beobachten fasziniert die Schildkröten, die behäbig und elegant zugleich am Meeresboden grasen. Nach ein paar Tagen gönnen wir uns einen Lobster-Grill, den uns die lokalen “Boat Boys” anbieten. Das sind Männer in bunt bemalten Booten mit Unternehmergeist und Namen wie “Mr. Mandy Man”, “Reverend” oder “Elvis”, die einem alle möglichen Waren wie frischen Fisch, Bananenbrot oder T-Shirts und Dienstleistungen wie Taxi-Boating, Landausflüge oder eben einen Grillabend am Strand feilbieten. Für alle an Bord war dies der erste Hummer, den wir je gegessen haben. Bärig!

Nach ein paar Tagen reißen wir uns von unseren liebgewonnenen Schildkröten und diesem paradiesischen Ort los und segeln ein kurzes Stück weiter nach Süden. Die Frigate Island Bucht auf Union Island ist unser Ziel. Dort hängen wir uns an eine der gratis Bojen und schwojen im Wind. Frigate Island ist ein Felsbrocken, der von Fregattvögeln bevölkert wird. Mitte der 90er Jahre wurde dort ein Marina und Ressort Projekt gestartet und eine Verbindung dieses Felsens mit Union Island hergestellt. Das Projekt ist, nachdem Mangroven und Riff nachhaltig zerstört wurde, pleite gegangen. Jahre später wurde der Mangrovenwald renaturiert und die künstliche Barriere durchbrochen. Dadurch hat sich die Wasserqualität in der Bucht verbessert und das Riff kann sich langsam wieder erholen.

In einem Anflug von jugendlichem Übermut (manche unken was von Midlife Crisis) belegt El Skipperino einen Kite Surf Kurs. Nach 5 Tagen heftigster Salzwasserspülungen aller Körperöffnungen gelingen am Ende aber schon ganz passable Upwind Passagen und der Drache scheint zumindest ansatzweise gezähmt. Der Tiefpunkt der Reise (also der südlichste Punkt) ist hier erreicht. Ab jetzt geht es nur noch nach oben.

An dieser Stelle erreicht uns leider auch eine traurige Nachricht aus der Heimat. Ein Flug in den kalten Winter muss gesucht werden und die beiden Skipperinnen müssen Firefly ein Weilchen alleine streicheln. In einem Nachtschlag segeln wir davor noch die ca. 110 Seemeilen nach Martinique. Segeltechnisch doch überraschend herausfordernd. Nichts ist da mit gemütlichem Halbwindkursen in leichten Passatwinden. Aktivstes Segeln ist angesagt. Die Channels zwischen den Inseln warten mit Atlantikwelle von der Seite und dem ungebremsten Passatwind auf, während der Wind (wie zu erwarten) um die Kaps dreht. Im Windschatten der Inseln gibt es dann zwischen Windstille und starken Fallböen alles, bis das nächste Kap wieder mit seinen Überraschungen aufwartet. Raumschotkurs auf Backbordbug wechselt da dann auf wenigen 100 Metern auch mal zu Am-Wind-Kurs auf Steuerbordbug. Damit das nicht zu langweilig wird, hat die Nacht für uns auch noch einige heftige Squalls zu bieten, die im Windschatten der Insel auch mit dem Radar nicht vorherzusehen sind. Der letzte Channel zwischen St. Lucia und Martinique gibt dann mit 2 Meter Welle, 20+ Knoten Wind und heftigen Squalls so richtig Gas. Am Wind machen wir die letzten Meilen bis in die Bucht von St. Anne. Fallen Anker!